spirale

»Lieber erschlagen werden von der Musik als gelangweilt«, schreibt Andreas Schendel in den Liner Notes zur Debüt-CD »Spirale« des Duos aus dem Leipziger Schlagzeuger Steffen Roth und dem italienischen Tenor- und Sopransaxophonisten Bruno Angeloni, der seit 2012 in Deutschland lebt. Wo andere Liner Notes biografieren, historisieren oder fabulieren, provoziert Schendel mit Aussagen wie: »Geglückte Kunst sagt dem Menschen: Fürchte Dich nicht. Geglückte Kunst ist immer neu, doch nie gänzlich aus Neuem. So muss der Künstler das Gestern verstofflichen und es ins Heute hineinspielen.« Besser sind die Ambitionen dieses Duos nicht auf den Punkt zu bringen. Chapeau, Herr Kollege!
Aber hier soll nicht ein Loblied auf einen Texter gesungen werden, sondern auf eine Musik, die tatsächlich immer neu, aber nie gänzlich aus Neuem ist. Titel wie »Repetition Is a Prayer« und »Erinnerung« verweisen auf die Einbeziehung der Tradition. Zu improvisieren heißt jedoch auch, wild zu denken und in jedem Ton die unbegrenzte Freiheit der Musik immer wieder neu zu suchen. »Zu erschaffen heißt zu erinnern«, zitiert das Booklet den Filmemacher Akira Kurosawa. Die Gratwanderung gelingt. Die Musik des Duos klingt äußerst modern, aber nicht modernistisch. Und das Bild der Spirale, das der Titel suggeriert, gerät schnell in wohltuende Vergessenheit. Rainer Bratfisch, jazzpodium 2 | 2020

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